Zukunftssicherung des Handwerks der Groβregion in Krisenzeiten

//Zukunftssicherung des Handwerks der Groβregion in Krisenzeiten
//Zukunftssicherung des Handwerks der Groβregion in Krisenzeiten

Am 1. Juli 2022 empfing der Interregionale Rat der Handwerkskammern der Groβregion (IRH) im neuen Campus Handwerk der Handwerkskammer Trier Herrn Claude Turmes, Energieminister aus Luxemburg. Auf der Tagesordnung standen die Stellungnahme und die Vorschläge des IRH zur Zukunftssicherung des Handwerks und zur Klimatransformation.

Das Handwerk der Groβregion ist die sprichwörtliche „Wirtschaftsmacht von nebenan“. Handwerksbetriebe sind überall im Alltag präsent. Die 170.000 vorwiegend kleinen und mittelständischen Betriebe des Handwerks der Groβregion beschäftigen 750.000 Menschen und bilden 50.000 junge Leute aus. Diese Betriebe, Arbeitnehmer und Auszubildende haben sich in der Corona-Pandemie einmal mehr als Stabilitätsanker der groβregionalen Wirtschaft erwiesen.

Aus Sicht des Handwerks der Groβregion hat der IRH vier Punkte als absolut wesentlich im Hinblick auf einen nachhaltigen Neustart nach Corona definiert. Es geht hier darum, wie sich im grenzüberschreitenden Kontext mehr ökonomische Widerstandskraft gegen eine neue Krise und ihre Folgen erreichen lässt. Demnach lassen sich interessante Schlüsse aus der Corona-Krise ziehen, die für eine qualitative Neuausrichtung der Politiken in der Groβregion wichtig sind. Dies gilt auch für den Bereich der Klimatransformation.

An erster Stelle steht die Wichtigkeit interregionaler Versorgungs-, Produktions- und Dienstleistungsnetze.

Krisen, wie durch die Corona-Pandemie, haben die Bedeutung einer funktionierenden Nahversorgung und die zentrale Rolle des Lebensmittelhandwerks unterstrichen. Die Corona-Pandemie hat zudem vor Augen geführt, wie wichtig lokale Wertschöpfung und regionale Fertigung sind. So konnten z. B. Handwerker von „nebenan“ kurzfristig bei der Produktion von Schutzausrüstungen und der Umsetzung von Hygienekonzepten aktiv werden. Handwerksbetriebe sind zentrale Akteure in regionalen Wertschöpfungsketten. Dies gilt es in Zukunft noch mehr bei der Gestaltung regionaler und interregionaler Politiken zu berücksichtigen.

An zweiter Stelle sollten die Entscheidungsträger der Groβregion ihre volle Aufmerksamkeit der Fachkräftesicherung „zur Zukunftssicherung“ widmen und sich für eine verstärkte Wertschätzung des Handwerks einsetzen.

Das Thema Fachkräftesicherung, als eines der zentralen strategischen Ziele des Handwerks, ist mit der Corona-Pandemie noch weiter in den Fokus gerückt. Um einer zukünftigen Krise entgegenzuwirken, bedarf es gut ausgebildeter Fachkräfte.

Wenn anerkannt wird, wie bedeutsam und unverzichtbar das Handwerk für die zukünftige Modernisierung und Transformation der Groβregion ist, dann wird es für viele junge Menschen wieder attraktiver, ein Handwerk zum Beruf zu machen. Hier können junge Menschen ganz konkret für Klimaschutz, Energiewende, aber auch für die Grundversorgung der Bevölkerung tätig sein. Fachkräftegewinnung geht also einher mit der Erkenntnis, dass im Handwerk die besten Chancen und Möglichkeiten geboten werden, sich täglich und hauptberuflich als „Klimaschützer“ zu betätigen.

Der IRH fordert eine Qualifizierungsoffensive, in Ausbildung, Weiterbildung und in den Meisterkursen, denn nur so können die ehrgeizigen Klimaziele der Politik umgesetzt werden.

An dritter Stelle stehen die Mobilität in der Groβregion und die Sicherstellung eines reibungslosen Dienstleistungs- und Warenverkehrs.

Für viele Handwerksbetriebe in der Groβregion ist der „Export“ ein unersetzliches Standbein. Gerade die Nachbarländer und speziell die grenznahen Regionen stellen wichtige Märkte dar. Es gibt allerdings immer wieder Ansätze, die offenen Märkte in Europa, auch in der Grenzregion, einzuschränken. Die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass überwunden geglaubte „Grenzen“ wieder hochgezogen wurden. Viele Unternehmen waren von der plötzlichen Schließung der Grenzen zum Nachbarland erheblich betroffen. Zur Sicherstellung der Produktion und Versorgung müssen deshalb Grenzschließungen und unkoordinierte nationale Maßnahmen für Warentransporte, Berufspendler, Saisonkräfte, Monteure sowie Geschäftsreisende im Binnenmarkt vermieden werden.

Generell wird das Entsendeverfahren des Ziellandes der Dienstleistungen von den Unternehmern als eines der größten „Hindernisse“ bei der Dienstleistungserbringung genannt. Die Erfassung aller Mitarbeiterentsendungen zwischen den Teilregionen nach einheitlichen Standards sollte in Zukunft ermöglicht werden.

Die vierte Domaine betrifft die zukünftige Förderung der wirtschaftlichen Resilienz durch angemessene Rahmenbedingungen für KMU.

Die Handwerksbetriebe, ihre Beschäftigten und Auszubildenden sehen sich einem massiven Druck ausgesetzt. Grund sind steigende Energiekosten, gestörte Lieferketten und eine anziehende Inflation. Auch wenn das Handwerk weiter stark gefragt ist, gehen die konjunkturellen Beeinträchtigungen derzeitig am Handwerk nicht spurlos vorbei.

Aktuell kämpfen sich die Betriebe bei kräftigem Gegenwind durch konjunkturell stürmische Zeiten, da immer mehr Auftraggeber ihre Aufträge und Vorhaben in die Zukunft verschieben.

Die Folgen der Corona-Pandemie, Material- und Lieferengpässe, drastische Preissteigerungen, Inflation, fehlende Fachkräfte und – seit Ende Februar – die Auswirkungen des Ukraine-Konfliktes setzen den Betrieben zu. Mittlerweile auch im Baubereich, der sich bislang über die Pandemie hinweg stets als stabilisierender Konjunktur-Anker erwiesen hat.

In der Groβregion brauchen wir deshalb entschiedenes politisches Handeln: ein Handeln, das Belastungen abfedert und Zukunft gestaltet. Die Politik ist in dieser Situation aufgefordert, stabilisierende Maßnahmen in den Teilregionen zu ergreifen und vor allem einen verlässlichen Rahmen zu gewährleisten.

Der IRH sieht reelle Zukunftsperspektiven. Perspektiven „durch das Handwerk und mit dem Handwerk“. Und das im Kontext der Klima- und Energiewende.

Das Handwerk spielt heute schon eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Klimawende. Der Ausbau von erneuerbaren Energien sowie die Erhöhung der Energieeffizienz sind dabei zentral für das Gelingen des Klimaschutzes. Die „Steigerung der Gebäudeenergieeffizienz“ und die „energetische Gebäudesanierung“ sind hier zwei wesentliche Aspekte.

Um die Klimatransformation zu meistern und die eigene Energieeffizienz weiter zu verbessern, werden Handwerksbetriebe auch zukünftig investieren müssen. In energieeffiziente und klimaverträgliche Anlagen, Fahrzeuge und Produktionsprozesse sowie entsprechend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Angemessene betriebsverträgliche Energiekosten und ein verlässlicher Gestaltungsrahmen sind dafür Grundvoraussetzungen.

Die regionalen bzw. nationalen Klimabilanzen haben gezeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um die für 2030 festgesetzten CO2-Minderungsziele zu erreichen.

Der IRH ist der Meinung, dass es einer „Klimaschutz-Offensive“ in der Groβregion bedarf, die die erforderlichen Maßnahmen enthält. Nur so können sich alle Betriebe und insbesondere die KMU des Handwerks auf den Weg der Zielerreichung begeben.

Stellungnahme des IRH „Zukunftssicherung des Handwerks der Groβregion in Krisenzeiten

2024-07-19T09:25:43+00:00